In diesem Jahr hat sich der Laserstammtisch sehr stark auf die vielfältigen Facetten der Sicherheit in der Lasermaterialbearbeitung fokussiert. Einen ganz besonderen Stellenwert, der bisher noch nicht betrachtet wurde, nehmen hierbei die Technologien im Mikro- und Nanobereich ein. Der Abend am 17.9. 2018 bot dazu gleich zwei Vorträge, einmal von Dr. Jörg Krüger (BAM) und einmal von Herrn Daniel Haase (Continental Automotive GmbH).
„Wenn Sie sich mit der Sicherheit nicht sicher sind, dann sind Sie bei der BAM sicher“ – der einführende Slogan von Dr. Krüger stimmte die Teilnehmer auf die Thematik ein. Dr. Krüger vom Fachbereich Technologien mit Nanowerkstoffen an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) forscht zu verschiedenen Aspekten und Einsatzgebieten von Lasersystemen, die bis in den Femtosekundenbereich – also dem billiardsten Teil einer Sekunde – operieren. Die Erfahrungen und Ergebnisse der Forschungsgruppe lassen sich den Gebieten der Mikro- und Nanostrukturierung von Metallen, Halbleitern, Dielektrika und Verbundmaterialien durch Femto- und Nanosekundenlaser zuordnen. Die BAM operiert dabei nicht nur als Behörde, sondern auch als anstoßgebende Forschungseinrichtung mit hervorragender Ausstattung und Expertise. Neben der Vorstellung der Forschungsschwerpunkte im FB 6.4 (neben der Mikro- und Nanostrukturierung verschiedenster Materialien durch Femto- und Nanosekundenlasereinsatz auch Laser-Belastungsuntersuchungen zur Gewährleistung der Lasersicherheit nach DIN EN 207 ging er insbesondere auf die Lasersicherheit im primären Effektbereich und die Sekundäreffekte durch Röntgenstrahlung ein. Interessante Anwendungspotentiale bieten sich für nanostrukturierte Oberflächen und die Optimierung von Verschleißoberflächen an. Vergleiche zwischen Verschleißabläufen von unstrukturierten und laserstrukturierten Oberflächen verdeutlichten ein unterschiedliches Benetzungsverhalten bis hin zur Erzeugung von Benetzungsvorzugsrichtungen. Erkenntnisse aus der laserbasierten Beeinflussung von bakteriellen Ansiedlungen auf Oberflächen lassen sich für die Vermeidung von Ansiedlungen als auch Dekontaminierung finden, z. B. bei OP-Bestecken oder in der Restaurierung von Holzobjekten.
Immer größere Beachtung muss im UKP – Bereich den Lasersicherheitsfragen gewidmet werden. Ganz im Vordergrund stehen sekundäre Gefährdungen wie Sekundärstrahlung, Partikelemission und Röntgenemission. Die Mechanismen zur Entstehung der Emissionen müssen weiter geklärt werden, Maßnahmen zur Abschirmung und messtechnische Verfahren für Partikelbereiche unter 1 µm gezielt entwickelt werden. Sekundärwirkungen sind nicht nur die emittierten Partikel als solche, sondern auch Ausfälle an Sicherheitseinrichtungen und Filtersystemen. Ganz kleine Partikel führen zu deren Verstopfungen und damit zum Systemausfall. Hierzu leistet die Forschung an der BAM einen wesentlichen Beitrag.
Kontakt :
Fachbereich 6.4 – Technologien mit Nanowerkstoffen
E-Mail : joerg(dot)krueger(monkay-tail)bam(dot)de
Interessierte Fachkolleginnen und –kollegen finden unter folgenden Links Veröffentlichungen die open access zugänglich sind :
Laser-Induced Periodic Surface Structures— A Scientific Evergreen
https://ieeexplore.ieee.org/document/7581030/
Femtosecond Laser Texturing of Surfaces for Tribological Applications
http://www.mdpi.com/1996-1944/11/5/801
X-ray emission as a potential hazard during ultrashort pulse laser material processing
https://link.springer.com/article/10.1007/s00339-018-1828-6
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Bereits auf der LEF 2017 (Konferenz - Laser in der Elektronikproduktion & Feinwerktechnik) referierte Daniel Haase Continental Automotive GmbHL imbach - Oberfrohna zur Thematik der Röntgenemissionen und den damit verbundenen Problemen, die beim Einsatz von fs – Lasern in der Materialbearbeitung zu beachten sind. Quelle:https://www.lef.info/%C3%BCber-die-lef/lef-programmarchiv/2017/
Umso erfreulicher ist es, einen so praxiserfahrenen Referenten gewinnen zu können, der sich voll und ganz dem Thema der Lasersicherheit verbunden fühlt. Die bekannte Erkenntnis, dass Laserprozesse Laserstaub erzeugen, ist überall Stand der Technik. Was aber, wenn der Staub und dessen konkrete Partikelgröße < 1µm zu erwarten ist? Die Praxis zeigt oft genug, dass was nicht gesehen wird zu Vernachlässigung und Nichtbeachtung führt und nur zu gern auf die leichte Schulter genommen wird. Das zu lösende Problem beginnt bei der Nachweisbarkeit der entstehenden Emissionen bei der Bearbeitung und den daraus abzuleitenden technischen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten an den Maschinen. Zusammenfassend konnten im Ergebnis der Messungen aveolengängige Partikel während der Bearbeitung nachgewiesen werden. Eine vollständige Einhausung ist das probate Mittel und die logische Konsequenz. Was aber passiert, wenn die Bearbeitungskammern zu schnell und zu früh geöffnet werden? Wie lange bleibt die Emission aktiv? Ob sich ein stationärer Zustand im Arbeitsraum einstellt ist bisher nicht geklärt. Herr Haase verdeutlichte die Dringlichkeit der noch zu untersuchenden Zustände und den daraus mit den Berufsgenossenschaften zu vereinbarenden und festzulegenden Gesundheitsmaßnahmen bei ständigen Produktionsprozessen. Eine Maßnahme könnte z. B. sein, die Wartezeiten vor dem Öffnen der Schutztür zu definieren und verbindlich vorzugeben.
Auch die bereits aus der Literatur bekannten Aussagen, dass mittels Hochenergie–UKP-Laser Röntgenstrahlen zu erwarten sind, verstärkt diese Notwendigkeit und die Klärung der Frage nach deren Entstehungsprozess und Stärke. Doch wie sieht es mit den Röntgendosen aus, denen wir normalerweise ausgesetzt sind: z.B. 0,25 µSv bei einem U.S. Flughafen-Sicherheits-Check oder 2..3 mSv beträgt die jährliche Strahlenexposition der Bevölkerung in Deutschland aus natürlichen Quellen. Von einer Dosis von 80 mSv, die ein halbjähriger Aufenthalt in der Raumstation ISS mit sich bringt, sind dagegen wahrscheinlich nur sehr wenige und ausgewählte Personen betroffen.
Quelle: http://www.bfs.de/DE/themen/ion/strahlenschutz/grenzwerte/grenzwerte.html
Der Grenzwert von 20 mSv/a ist für beruflich strahlenexponierte Personen (> 6 mSv/a) festgelegt, unter Berücksichtigung der Dosisleistung und bezogen auf kurze bzw. Langzeitwirkung. Eigene Messungen ergaben unterschiedliche Werte abhängig vom Ort der Messung. Eine Rolle spielen dabei der Abstand zur Strahlungsquelle und die Bewertung der Wirksamkeit der Einhausung. Die gemessenen Differenzen zwischen Messungen innerhalb und außerhalb der Einhausung können bis zu 35 mSv/h betragen. Beim Vergleich der Untersuchungsergebnisse verschiedenster Abschirmmaterialien wurde Stahlblech mit einer Stärke von 1,5 mm als gute Lösung favorisiert.
Zusammenfassend muss jedoch auch hier darauf verwiesen werden, dass die Emission von Röntgenstrahlung empfindlich von den Prozessparametern abhängt. Die tatsächliche Belastung muss für jeden Prozess bzw. jede Prozessänderung individuell ermittelt werden. Laser-Sicherheitseinrichtungen (Umhausung & Schutzglas) müssen zusätzlich auf ihre Wirksamkeit gegenüber Röntgenstrahlung bewertet werden. Die bei der Continental Automotive GmbH durchgeführten Untersuchungen werden weitergeführt, um für den Gesundheits- und Arbeitsschutz erforderliche Festlegungen bezogen auf Röntgenemissionen besser und allgemeingültig bewerten zu können.
Die anschließende Diskussion vor Ort zeigte, dass die im Vortrag dargelegten Fakten und Ergebnisse ein guter Anfang in diese Richtung, jedoch im Einzelnen noch Zweifel auszuräumen sind. Das Fazit des Abends: Jede Messung die veröffentlicht wird, hilft das mögliche Risiko besser und präziser zu bestimmen und einzuordnen!
Kontakt :
E-Mail : Daniel(dot)Haase(monkay-tail)continental-corporation(dot)com
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Abschließend noch zwei Schnappschüsse vom Vortragsabend, der anschließenden Diskussion und ein persönlicher Hinweis:
Der nächste Laserstammtisch ist bereits zum Thema Laserschneiden von biologischen Geweben angekündigt, da passt die Nachricht von der diesjährigen Vergabe des Nobelpreises für Physik hervorragend. Die Jury in Stockholm hat entschieden: Arthur Ashkin, Donna Strickland und Gérard Mourou werden mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet - für ihre Entwicklung von Laser-Werkzeugen, die sich als optische Pinzetten und als ultrakurze, hochenergetische Laserpulse, den sogenannten Chirped pulse amplification, kurz CPA, in der Medizin bzw. bei Augenoperationen einsetzen lassen.
Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/physik-nobelpreis-2018-die-laser-dompteure-a-1231247.html
Bericht: Prof. Dr. Sonja Eckhardt